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3.625 Menschen warten in den Todestrakten der
USA auf ihre Hinrichtung, mehr als die Hälfte von ihnen sind AfroamerikanerInnen
und Angehörige anderer gesellschaftlicher Minderheiten. Seitdem die Todesstrafe
in den USA durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 1976 wieder
legalisiert wurde, sind 604 Menschen den staatlichen Henkern zum Opfer gefallen.
Allein im Jahr 1999 starben auf dem elektrischen Stuhl und durch sogenannte
Giftspritzen 98 Menschen. Damit ist die Zahl der Hinrichtungen so hoch wie
zuletzt 1959. Doch das staatliche Morden geht ungebrochen weiter: In den ersten
zwei Wochen des neuen Jahrtausends waren es sechs Menschen, die in den
Todeskammern der USA umgebracht wurden - Tendenz: Weiter steigend.
Mit etwa 12 Millionen Einwohnern ist Pennsylvania der fünftgrößte Bundesstaat der Vereinigten Staaten. Pennsylvanias republikanischer Gouverneur Thomas Ridge hat in den letzten fünf Jahren 171 Hinrichtungsbefehle unterschrieben. Drei Todeskandidaten, die keine juristischen Möglichkeiten mehr hatten, ließ Ridge kaltblütig hinrichten. Noch sind bei der Mehrzahl der insgesamt 223 Todeskandidaten in Pennsylvania die juristischen Interventionsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft. Sie kämpfen - wie der afroamerikanische Journalist Mumia Abu-Jamal - weiter um ihr Leben, neue Verfahren und Aussetzungen der Hinrichtungsbefehle, die Gouverneur Ridge wie am Fließband unterschreibt, um die Todesmaschinerie zu beschleunigen.
Wie überall in den USA ist die Todesstrafe auch in Pennsylvania ein Bereich, in dem Rassismus besonders extrem zutage tritt. Von den 219 Männern und vier Frauen in Pennsylvanias Todestrakten sind 140 AfroamerikanerInnen und 14 Latinos - obwohl beispielsweise AfroamerikanerInnen gerade einmal neun Prozent der Gesamtbevölkerung des Bundesstaates ausmachen.
Gouverneur Ridge kann die Todesmaschinerie nur deshalb aufrecht erhalten, weil ihm in Pennsylvania von der Mehrheit seiner WählerInnen kein ernsthafter Widerstand entgegengesetzt wird. Vielmehr beruft sich Ridge - wie fast alle US-Politiker - ausdrücklich auf den WählerInnenwillen, wenn er noch schnellere Hinrichtungen durchzusetzen versucht. Wie viele andere PolitikerInnen geht es Ridge nicht um die Lösung gesellschaftlicher Probleme, sondern um eine populistische Politik, mit der er die eklatant schlechte wirtschaftliche Situation in Pennsylvania überdecken will.
Ridge hat viele Helfershelfer, die den Status Quo in Pennsylvania ermöglichen. Einige davon sitzen in Deutschland: Es sind international agierende, deutsche Firmen und Konzerne, die Ridge u.a. bei einer Tour durch Deutschland im Herbst 1999 umworben hat. Sie greifen nur zu gerne auf die verlockenden Investitionsangebote des Gouverneurs zurück: Minimallöhne, geringe gewerkschaftliche Organisierung der ArbeitnehmerInnen, Steuervorteile und eine gute Lage zur Erschließung des Marktes an der amerikanischen Ostküste. Die exzessive Todesstrafenpolitik in Pennsylvania, die sie indirekt mitfinanzieren, interessiert sie nicht. "Das kann für uns kein Kriterium zur Auswahl eines Standortes sein", sagt beispielsweise ein Sprecher der hessischen Softwarefirma SAP.
Gummibärchen-Produzent Haribo mit Hauptsitz in Bonn. Haribo will seine erste Produktionsstätte in den USA in Ezelton, Pennsylvania errichten, um von dort aus den gesamten us-amerikanischen Markt zu beliefern. Während Haribo mit dem Slogan wirbt "Ob auf den Falkland-Inseln oder auf den Philippinen - die HARIBO Goldbären, die Lakritz-Schnecke oder die beliebte Color Rado-Mischung - fast überall auf der Welt machen diese Süßigkeiten Kinder und Erwachsenen froh", lässt Gouveneur Ridge hinrichten.
Die Deutsche Telekom AG. Sie will mindestens 180 Millionen D-Mark in die US-Firma CDnow, dem weltweit größten Internet-Anbieter für Musik-CDs investieren. CDnow hat seinen Firmensitz in Fort Washington in Pennsylvania.
Die Hoechst Schering AgrEvo GmbH mit Hauptsitz in Berlin. Der ohnehin wegen seiner Gentech-Geschäfte im Agrarsektor im Kreuzfeuer der Kritik stehende Konzern hat im Herbst 1999 eine Zusammenarbeit mit der US-Firmengruppe 3-Dimensional Pharmaceuticals Inc. (3DP) aus Exton in Pennsylvania vereinbart. Dabei geht es um die Erstellung neuer Agrochemikalien.
Die Siemens AG mit Hauptsitz in München hat eine eigene Produktionsstätte in Pennsylvania.
DaimlerChrysler Aerospace mit Hauptsitz in München hat ebenfalls eine eigene Produktionsstätte in Pennsylvania.
Die Bayer AG mit Hauptsitz in Leverkusen, die sich 55 Jahre geweigert hat, ZwangsarbeiterInnen zu entschädigen, hat ihren us-amerikanischen Hauptstandort in Pittsburgh, Pennsylvania.
Das deutsche Softwareunternehmen SAP aus Hessen hat sein us-amerikanisches Hauptquartier in Philadelphia und beschäftigt dort 1.800 ArbeitnehmerInnen.
Die Firma Schott Glas mit Hauptsitz in Mainz produziert mit ihrer us-amerikanischen Tochterfirma Schott Glas Technologies in Pennsylvania optische Gläser und beschäftigt dort 400 ArbeitnehmerInnen. (SCHOTTGLAS, Postfach 2480, D-55014 Mainz, Dr. Jürgen Steiner, Tel.: 0 61 31 / 66 43 35)
TodesstrafengegnerInnen in den USA gehen davon aus, dass Pennsylvanias Gouverneur Ridge erst dann in ernsthafte Schwierigkeiten gerät, wenn er einen handfesten Preis - in Form von Investitionsverlusten und Protesten seiner Wirtschaftspartner - für seine mörderische Politik zahlen muss. Bisher hat Ridge beispielsweise die Zehntausende von Protestschreiben aus aller Welt - u.a. von Menschenrechtsorganisationen, bekannten PolitikerInnen, SchriftstellerInnen etc.- im Fall von Mumia Abu-Jamal ignoriert.
Die spannende Frage ist, wie lange Ridge diese Proteste ignorieren kann, wenn sie mit materiellem Druck gekoppelt sind. Der Ansatzpunkt hierfür sind die deutschen und internationale Konzerne, die in Pennsylvania produzieren und investieren. Ihnen muss klar gemacht werden, dass ihre KundInnen und KonsumentInnen nicht gewillt sind, die Politik des staatlichen Mordens mitzufinanzieren. Sie sind aufgefordert, ihren Einfluß geltend zu machen, um eine Abschaffung der Todesstrafe in Pennsylvania durchzusetzen.
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Die abgebildeten Protestpostkarten können bei uns bestellt werden.
Fordert die Gewerkschaften und die Unternehmensleitungen auf, gegen die geplante Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal und für die Abschaffung der Todesstrafe in Pennsylvania Stellung zu beziehen und laßt Euch was einfallen, um die Firmen unter Druck zu setzen, damit sie ihren Einfluß auf Ridge geltend machen. Dies ist der Punkt, an dem wir den Gouverneur mit dem erklärten Politikschwerpunkt Wirtschaft und Arbeitsplätze am empfindlichsten treffen können!
Eine Initiave des Solidaritätsbüros Mumia Abu-Jamal Berlin, des Kölner Mumia Abu-Jamal Solidaritätstreffens und des Bundesweiten Treffens der Mumia Abu-Jamal Soligruppen
Siehe auch Artikel
aus der Jungle World vom 3.11.99 zu diesem Thema und den
Aufruf zur
Demonstration in Leverkusen, dem Sitz der Bayer-Zentrale
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